9. Januar 2023

Viel Erfolg in der Arbeitswelt 2023

Die Babyboomer werden pensioniert, der Fachkräftemangel nimmt zu. Der Arbeitsmarkt wandelt sich laufend. Womit müssen wir rechnen, was dürfen wir erwarten?
Autor/in: Susanna Häberlin, Abteilungsleiterin Information und Kommunikation
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Die Arbeitslosigkeit ist in der Schweiz so tief wie lange nicht mehr und der Fachkräftemangel wird immer deutlicher. An vielen Orten fehlt Personal. Aus Sicht der Arbeitnehmenden bedeutet dies, dass sich der Arbeitsmarkt teilweise zu ihren Gunsten verändern dürfte. Zunehmend wählen nicht mehr die Unternehmen ihre Arbeitnehmenden aus, sondern umgekehrt, heisst es im neusten Job Index von Adecco.

Firmen, mit vielen offenen Stellen, müssen sich überlegen, wie sie diese besetzen können. Sie geben auch Stellensuchenden eine Chance, die vor drei, vier Jahren noch kaum eine Einladung für ein Vorstellungsgespräch erhalten hätten. Die jüngste Von-Rundstedt-Studie «Fachkräftemangel in der Schweiz» (Herbst 2022) hält fest: «Das Interesse an Müttern nach über zehn Jahren stellenloser Mutterschaft nimmt zu, die Chancen von älteren Kandidaten steigen und Quereinsteiger bekommen häufiger eine Chance.» Diese Entwicklungen stehen allerdings erst am Anfang, mit zunehmendem Mangel an Fachkräften werden Arbeitgeber noch flexibler, um für Arbeitnehmer attraktiver zu werden.

Flexible(re) Anstellungsbedingungen

Flexible Arbeitszeiten und freie Wahl des Arbeitsortes insbesondere Homeoffice sind heute schon vielerorts möglich, der Trend geht klar weiter in diese Richtung. Dazu gehört, dass je länger je mehr auch anspruchsvolle Fach- oder Leitungspositionen im Teilzeitpensum ausgeschrieben werden. Ende Dezember waren auf der Stellenplattform jobs.ch in diversen Branchen über 440 Stellen als «Projektleiter/in» mit einem 60-Prozent-Pensum ausgeschrieben. So viele wie noch nie.

Nicole Kislig, Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin und Mitglied der Geschäftsleitung von ask! stellt fest, dass neben verschiedenen Arbeitszeitmodellen auch neue Anstellungsmodelle zunehmen. Das sogenannte «Cappuccino-Working» beinhaltet gleichzeitig mehrere Jobs mit unterschiedlicher Gewichtung. Der Hauptjob entspricht dem Kaffee, damit verdient man das Grundeinkommen. Die regelmässigen Nebentätigkeiten entsprechen dem Milchschaum, vereinzelte Projekte dem Schokoladenpulver. Diese Form von Multitasking-Karrieren bei verschiedenen Arbeitgebern oder in Kombination mit einer Selbständigkeit ist vor allem für jüngere Arbeitskräfte attraktiv.

Für (Dienstleistungs-)Betriebe bedeuten die verschiedenen Arbeitsmodelle, dass sie ihren Kundenservice neu justieren müssen: Wie bindet man Kundinnen und Kunden ans Unternehmen, wenn die Ansprechpersonen häufig ändern? Wie baut man Vertrauen auf, wenn langjährige Kundenbeziehungen vermehrt wegfallen?

Generationen-Management

In der Schweiz werden heute mehr Menschen pensioniert, als dass Junge in den Arbeitsmarkt  eintreten. Die Bedürfnisse und Einstellungen von jungen Erwachsenen werden die Arbeitswelt von morgen noch stärker prägen.

Die jüngeren Generationen (Gen Z, 18-24 Jahre, und Millennials, 25-34 Jahre) sehen Arbeit in einem anderen Licht als die älteren. Nicht «leben, um zu arbeiten, sondern arbeiten, um zu leben» steht im Vordergrund. Zudem soll die Arbeit eine sinnstiftende Tätigkeit sein, die Werthaltungen verschieben sich. Gleichzeitig fühlen sich über die Hälfte der jungen Befragten des Randstad Arbeitsbarometers 2022 sicher, bei einer Kündigung schnell wieder eine neue Stelle zu finden.

«Die Generation Z wird die Unternehmen vor grosse Herausforderungen stellen», sagt Sonja Brönnimann, Geschäftsleiterin von ask!. Die jungen Erwachsenen seien an eine «Try-and-Error-Haltung» gewohnt, an ein unstetiges Umfeld und Krisen. Dadurch hätten sie andere Bedürfnisse als ältere Generationen, die ebenfalls weiterhin im Arbeitsmarkt bleiben wollen oder müssen. Brönnimann: «Für alle Altersgruppen wird die Balance zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten eine grosse Aufgabe werden.»

Auch Nicole Kislig findet den Dialog zwischen den Generationen wichtig. Sie wünscht sich für die Zukunft mehr Verständnis und «dass wir toleranter werden, weniger in Schubladen denken und uns mehr an den Kompetenzen der Mitarbeitenden orientieren als an ihrem Alter.»

Das Verbindende betonen, Unterschiede akzeptieren und gemeinsam vorwärts schauen ist ein Rezept, das in der Arbeitswelt 2023 Erfolg verspricht. Sonja Brönnimann sagt es so:  «Ich wünsche mir, dass wir weniger Partikularinteressen betonen und den Fokus auf gemeinsame Ziele legen. Dazu gehört eben auch, seine eigenen Interessen hie und da unterzuordnen.»

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